Mit Scherben arbeite ich
Mit Scherben arbeite ich mit den Dingen, die da sind in meiner Welt. Scherben, die ein Zeichen sind für die Zerstörung meiner Welt. Da liegen sie, so scharfkantig und spitz. Scherben, die ein Ergebnis sind von Missachtung und Gewalt. Da liegen sie vor mir und erzählen die Geschichten der Vergangenheit, die Geschichten der Tränen. Sie werden nie mehr zu dem, was sie einmal waren. Die Zeiten der kostbaren Vase sind vorbei, das Sektglas ist zerbrochen und auch das Marmeladeglas hat seine ursprüngliche Form verloren. Sie sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Sie sind nur noch Scherben, sie haben ihren Wert verloren. | Wenn ich Scherben sehe, erlebe ich eine Zeit der Tränen, der Vergänglichkeit. Mit Scherben arbeite ich, mit den Dingen, die da sind in meiner Welt. Ich versuche nicht, die Vase wieder zusammen zu kleben. Aber die Tränen darüber sind getrocknet, die Trauer abgeschlossen. Jetzt kann ich die Scherben anders ansehen, ihre eigenwillige Form entdecken. Wenn ich sie drehe und wende und wenn ich sie zusammen bringe, die Scherben unterschiedlichster Herkunft - die Scherben des Marmeladeglases mit denen der Kristallvase - ihre Bedeutung sehen. | Wenn ich die Scherben sehe, erlebe ich viel Unsicherheit. Mit Scherben arbeite ich mit den Dingen, die da sind, in meiner Welt. Beim Bemalen der Scherben erhält ein Objekt seinen Charakter. Die Farbe bringt es zum Leuchten. Doch muss das Objekt nicht von allein leuchten. Das Objekt darf ganz seinem neuen Thema entsprechend sich selbst darstellen. Beleuchtet wird es von einer anderen Kraft. Kein Glasobjekt schafft es aus eigener Kraft zu leuchten. Wenn ich die Scherben sehe, muss ich nicht mehr aus eigener Kraft selig werden. Beate Polderman |